«Wir wünschen uns einen freundlichen Umgang wie auf der Strasse»

Die Gruppenregeln in der Facebook Gruppe Olten führen regelmässig zu Diskussionen. Jüngst sprach ein Mitglied von «Meinungsdiktatur», weil Kommentare durch Administratoren der Gruppe gelöscht wurden. Andere User bezeichneten die Administratoren auch als Nazis. Wir fragen nach.

Wann werden Beiträge in der Facebook Gruppe Olten gelöscht?

Christian Ginsig, Administrator der Gruppe: Wenn offensichtlich kein Bezug zur Stadt Olten oder deren Nachbargemeinden gegeben ist. Selbstverständlich gibt es Graubereiche und wir Admins diskutieren häufig darüber, ob dieser oder jener Beitrag gelöscht werden muss.

Christian Ginsig, Gründer der Facebook Gruppe Olten

Nach welchen Kriterien werden Beiträge gelöscht?

Wir akzeptieren keine Beleidigungen gegenüber Mitgliedern. Es soll im digitalen Olten der gleiche Umgangston wie auf der Strasse gelten, wo man sich auch freundlich grüsst. Das soll in der Facebook Gruppe Olten nicht anders sein. Und wie im normalen Leben auch, müssen Oltner Politiker vielleicht etwas mehr aushalten, als dies bei einer Privatperson der Fall wäre, wo wir konsequent durchgreifen.

Auch private Inserate wie «zu verkaufen» oder «zu verschenken» bitten wir, in die Gruppe «Olten Flohmarkt» zu posten. Diese müssen wir in der Gruppe Olten aufgrund der Menge an sonstigen Beiträgen aus Gründen der Übersicht leider löschen.

Aber beim Löschen von Beiträgen greifen Sie auch in die Meinungsfreiheit ein?

Ja, das stimmt. Wir haben aber gleichzeitig den Auftrag, die Qualität für die Facebook-Gruppe Olten möglichst hoch zu halten. Über 7’000 Mitglieder lesen regelmässig mit und bei einer solchen Grösse müssen gewisse Spielregeln eingehalten werden. Gesellschaftspolitische Themen können ja durch jeden Nutzer an der eigenen Wall gepostet werden, wenn sie keinen Bezug zu Olten haben.

Ein Beispiel?

Wir müssen in dieser Gruppe nicht über den Sinn und Unsinn des Handelns von Greta Thunberg diskutieren, dafür gibt es andere Gruppen, welche sich gezielt mit generellen Umweltthemen beschäftigen. Aber wir können in der Facebook Gruppe Olten konkret über Massnahmen der Stadtverwaltung in Olten für mehr Klimaeffizienz sprechen oder zum Beispiel über eine Oltner Veranstaltung informieren die sich mit diesem Thema lokal auseinandersetzt.

Damit beschneiden Sie aber Diskussionen…

Nur bedingt. Wir haben klare Gruppenregeln definiert. So muss das Thema einen direkten Bezug zu Olten haben. Gleichzeitig gilt auch die Regel, dass sich die Antworten von Usern auf die gepostete Frage oder das konkrete Thema beziehen soll. In letzter Zeit ufern die Diskussionen leider zum Teil aus. Stellt eine Userin oder ein User eine Frage, so wünscht sie oder er sich eine einfache Antwort und keine Grundsatzdiskussion über den Sinn oder Unsinn der Frage.

User dann noch zusätzlich zu diskreditieren ist unnötig und ein schlechter Diskussionsstil. Wir verorten dieses Problem allerdings nicht generell bei unserer Facebook Gruppe Olten, sondern führen dies auf einen generellen Trend in den digitalen Kanälen zurück, wo sich einzelne User einfach nicht mehr spüren und ihrer Meinung teilweise unreflektiert ihren freien Lauf lassen.

Sie wurden als Admin jüngst als Nazi bezeichnet. Geht ihnen das nicht an die Nieren?

Ich habe die Gruppe vor rund 10 Jahren gegründet, um den offenen Infoaustausch in der Stadt Olten zu fördern, dabei soll es bleiben. Sich als Nazi beschimpfen zu lassen, geht mir persönlich auch zu weit und solche Mitglieder werden blockiert. Das sind aber zum Glück auch Ausnahmen. Wir sind seit längerer Zeit vier Administratoren, welche regelmässig die Gruppe beobachten und wo notwendig auch Werbung oder falsche Beiträge löschen. Jeder gelöschte Beitrag wird schriftlich dokumentiert und bei Unklarheiten vor der Löschung auch mit den Administratoren diskutiert. Ziel ist es, dass wir bei heiklen Fällen jeden gelöschten Vorgang dokumentiert haben, sollte es zu Unstimmigkeiten kommen.

Wurden denn schon juristische Drohungen gegen die Administratoren ausgesprochen?

Leider ja. Dies hat uns bewogen, diese ehrenamtliche Administratorentätigkeit in den Verein «Olten digital» auszulagern. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, den digitalen Austausch in Olten zu verbessern und wir Admins führen unsere Aufgabe nun als Vereinsmitglieder von Olten digital und nicht mehr als Einzelpersonen aus.

Das hört sich nach viel Zeitaufwand und Administration an?

Wir Administratoren sind ja nicht ständig online. Bei mir ist es pro Tag etwa eine Viertelstunde, die ich in der Facebook Gruppe Olten verbringe und so versuche den Überblick zu behalten. Da wir die Funktion nicht hauptamtlich betreiben, kann es auch sein, dass falsch eingestellte Beiträge ein paar Stunden stehen bleiben, bevor sie gelöscht werden. Mitglieder können uns falsche Beiträge auch jederzeit melden. Das hilft uns sehr. Der digitale Austausch in Olten liegt uns am Herzen. Aus diesem Grund investieren wir auch Zeit in diese Aufgabe.

Welche Beiträge sind denn überhaupt erwünscht?

In der Facebook Gruppe Olten hat alles Platz, was einen ersichtlichen Bezug zu Olten hat. Generell wünsche ich mir wieder vermehrt eine gesellschaftliche offene Diskussion zu lokalen Themen. Das setzt voraus, dass die Meinungen anderer akzeptiert werden, auch wenn man nicht gleicher Meinung sein muss. Wir müssen auf digitalen Kanälen wieder vermehrt offen und vor allem konstruktiv diskutieren können, ohne Beleidigungen und Diffamierungen gegenüber Andersdenkenden.

Auch Gewerbetreibende von Olten können und sollen die Gruppe nutzen können, um einmal pro Woche einen Post zu schalten. Allerdings besteht die Regel, dass dies über einen privaten Account erfolgen soll, der dann die Inhalte des Oltner Gewerbebetriebs teilen kann. Damit ist sichergestellt, dass jedes Mitglied der Gruppe genau weiss, wer die Werbung geschaltet hat. Wir wollen grösstmögliche Transparenz.

Jüngst haben Sie nicht nur Beiträge, sondern auch schon Kommentare gelöscht?

Ja. Steht der publizierte Kommentar nicht im Bezug zum ursprünglichen Beitrag, ufert die Diskussion in Grundsätzliches aus oder versuchen Mitglieder bewusst zu provozieren, um gezielt Unruhe zu stiften, dann löschen wir solche Inhalte, melden dies aber auch den jeweiligen Mitgliedern transparent zurück.

Sind weitere Entwicklungen geplant?

Wir haben den Verein «Olten digital» gegründet und überlegen uns, ob wir auch andere Social Media Plattformen bespielen sollen und weitere Aktivitäten angehen sollen. Es ist klar, dass sich auf Facebook mittlerweile ein tendenziell älteres Publikum tummelt. Tiktok, Instagram und weitere Plattformen boomen. Für eine Erweiterung bräuchten wir jedoch auch mehr Ressourcen. So sind wir zum Beispiel sehr dankbar, dass wir neu von zwei Moderatoren bei der Säuberung der Facebook Gruppe «Olten Flohmarkt» unterstützt werden. Sie helfen dabei, dass der lokale Marktplatz qualitativ aufgewertet wird, indem nur Lokales getauscht und Inserate von anderswo gelöscht werden. Die digitalen Kanäle sollen den realen Alltag in Olten unterstützen. Daran arbeiten wir.

Link: https://www.oltendigital.ch/